Funkenburgstraße 26 III Gertrud Alice Herrmann

Gertrud Alice Herrmann

Funkenburgstaße 26 III

In der Funkenburgstraße 26 wohnte Gertrud Herrmann von 1923 bis etwa 1933 zur Untermiete. 

 
Gertrud Alice Herrmann wurde am 15. Juni 1896 als jüngste Tochter jüdischer Eltern mit deutscher Staatsangehörigkeit in Plauen geboren. Vater Max führte gemeinsam mit seinem Bruder Philipp eine Spitzenfabrik. Sie hatte zwei Geschwister. 


 
Gertrud Herrmann besuchte das Realgymnasium in Plauen, welches sie mit dem Prädikat „vorzüglich“ abschloss. Am 26.10.1916 schrieb sie sich an der Universität in Leipzig, der Geburtsstadt ihres Vaters, zum Studium der Germanistik ein und belegte entsprechend ihres regen geisteswissenschaftlichen Interesses ein breites Spektrum von Fächern. Im Dezember 1923 schloss Gertrud Herrmann ihr Studium ab. Noch vor dem offiziellen Abschluss wurde sie 1922 Studienassessorin an der 2. Städtischen Höheren Mädchenschule, die, 1927 nach dem langjährigen Direktor Hugo Gaudig benannt, für ihren reformpädagogischen Ansatz überregional bekannt war. Sie unterrichtete Deutsch, Geschichte, Latein und Stenographie und wurde für ihr Lehrgeschickt, ihre gut vorbereiteten Wandertage, ihre Erziehung zu Achtsamkeit, Redlichkeit und Kameradschaftlichkeit gelobt. 1929/30 wurde ihr der Titel „Studienrätin“ verliehen; sie war damit die erste jüdische Studienrätin in Sachsen. Noch im Frühjahr 1933 war sie für die Übernahme des neu eingeführten „Kulturfachs“ vorgesehen, in dem die „Welt der Werte“ im Mittelpunkt stehen und dessen erklärtes Ziel der „bereicherte und vertiefte Mensch“ sein sollte, musste jedoch im Sommer 1933 die Schule verlassen, weil sie Jüdin war, und lebte gezwungenermaßen bei ihrem Bruder in Plauen.

1934 ergab sich für Gertrud Herrmann die Möglichkeit, an der Israelitischen Höheren Schule in Leipzig zu unterrichten. Die nicht religiös praktizierende Gertrud Herrmann setzte sich stark für die jüdischen Schüler/-innen ein.

Privat wurde das Leben für Gertrud Herrmann immer schwieriger: Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten musste sie mehrfach umziehen und zunehmend Möbel und Bücher verkaufen. Mit ihrer Freundin Hedwig Burgheim war sie trotzdem weiter aktiv. Beide Frauen engagierten sich als erste beziehungsweise zweite Vorsitzende im „Israelitischen Kindergarten“ e. V., der am 4. Dezember 1939 zwangsweise aufgelöst werden musste. Zuvor schon, in der Pogromnacht am 9. November 1938, war die Carlebachschule verwüstet worden. Ab 1940 schließlich zum „Judenhaus“ erklärt, fand der Unterricht nur noch sehr eingeschränkt statt. Auch nach den Deportationen von 1942, die viele Schüler-/innen betraf, war Gertrud Herrmann weiterhin als Lehrerin, bis zur Schließung der Schule am 30. Juni 1942, aktiv.

Gertrud Herrmann wurde mit dem dritten Leipziger Deportationszug vom 13. Juli 1942, der 170 Menschen, überwiegend Frauen und Kinder, umfasste, als „Nummer 181 – 52“ mit unbekanntem Ziel Richtung Osten transportiert. Bei ihr befanden sich 19 Kinder aus dem jüdischen Kinderheim, die sie gleichfalls bis zuletzt betreut hatte. Ihre ehemalige Schülerin an der Gaudigschule, Lieselotte Siemon, erhielt von ihr noch eine Postkarte: „Ich verreise mit allen meinen Kindern und möchte Ihnen und Ihren Eltern Adieu sagen.“

Quelle: leipzig.de

  Funkenburgstraße 26 III
 
At Funkenburgstraße 26, Gertrud Herrmann lived as a lodger from 1923 until about 1933.
 
Gertrud Alice Herrmann was born on 15 June 1896, as the youngest daughter of Jewish parents with German nationality, in Plauen. Her father Max, together with his brother Philipp, ran a lace factory. She had two siblings.

Gertrud Herrmann attended the Realgymnasium in Plauen, which she graduated from with the distinction „excellent“. On 26 October 1916, she enrolled at the University of Leipzig, her father’s birthplace, to study German studies and, in line with her keen interest in the humanities, took a broad range of subjects. In December 1923, Gertrud Herrmann completed her studies. Even before her official graduation, she became a Studienassessorin at the 2nd Municipal Higher Girls‘ School in 1922, which was renamed after its long-standing director Hugo Gaudig in 1927 and was known nationwide for its reform-pedagogical approach. She taught German, history, Latin, and shorthand and was praised for her teaching skills, well-prepared excursion days, and her education in attentiveness, honesty, and camaraderie. In 1929/30, she was awarded the title „Studienrätin“; she was thus the first Jewish Studienrätin in Saxony. In the spring of 1933, she was still considered for the newly introduced „cultural subject“, which was to focus on the „world of values“ and aimed at the „enriched and deepened person“, but had to leave the school in the summer of 1933 because she was Jewish and was forced to live with her brother in Plauen.

In 1934, Gertrud Herrmann had the opportunity to teach at the Israelite Higher School in Leipzig. The non-religiously practising Gertrud Herrmann was strongly committed to the Jewish pupils.

Privately, life became increasingly difficult for Gertrud Herrmann: due to financial difficulties, she had to move several times and increasingly sell furniture and books. Despite this, she remained active with her friend Hedwig Burgheim. Both women were involved as first and second chairpersons in the „Israelite Kindergarten“ e. V., which had to be forcibly dissolved on 4 December 1939. Prior to this, on the night of the pogrom on 9 November 1938, the Carlebach School had already been devastated. Finally declared a „Judenhaus“ in 1940, teaching took place in a very limited capacity. Even after the deportations of 1942, which affected many pupils, Gertrud Herrmann continued to be active as a teacher until the school was closed on 30 June 1942.

Gertrud Herrmann was transported on the third Leipzig deportation train on 13 July 1942, which comprised 170 people, mostly women and children, as „Number 181 – 52“ to an unknown destination in the East. She was accompanied by 19 children from the Jewish orphanage, whom she had looked after until the very end. Her former pupil at the Gaudig School, Lieselotte Siemon, received a postcard from her: “I am travelling with all my children and would like to say goodbye to you and your parents.”

Source: leipzig.de

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