Von Andreas Reichelt
Eine der ältesten Zünfte soll in unserer handwerksgeschichtlichen Reihe hier genauer vorgestellt werden: Das Töpferhandwerk.
Unehrlich?
In der Frühneuzeitlichen Gesellschaft gehörte die Töpferei zu den „unehrlichen“ Berufen. Unehrlich bedeutete, anders als heute, nicht „betrügerisch“, sondern „ehrlos“. Ein Rechtsstatus, der erst im 18. Jahrhundert aufgehoben wurde. Aber der Reihe nach.
Bandkeramiker vor allem waren es, die vor etwa 7.500 Jahren aus Südosteuropa kammen und den Leipziger Raum besiedelten. Was natürlich nicht heißt, alle seien Töpfer gewesen, aber die kulturelle Bedeutung der Keramik verdeutlicht.
Vom Haus- zum Handwerk
In frühgeschichtlicher Zeit erfolgte die Herstellung von Tongefäßen – ebenso wie zum Beispiel Flachsspinnen oder Weben – im Haushalt, als so genanntes Hauswerk.
Das Handwerk entstand vermutlich, als einzelne Familien durch besonderes Geschick und Kenntnis technischer Kunstgriffe dazu übergehen konnten, benachbarte Haushalte auf Bestellung zu beliefern und später auch ihre Ware auf Märkten zum Kauf anzubieten.
Die Töpfer sind in Leipzig seit dem Jahr 1453 als Handwerk und gleichzeitig als Innung schriftlich nachgewiesen. Ihr Einkaufszentrum, der Thonberg („by den tangruben“), ist 1395 erstmals urkundlich erwähnt, dürfte aber bereits zur Zeit der eingangs erwähnten Bandkeramiker genutzt worden und der eigentliche Grund für die Entwicklung des Töpferhandwerkes in Leipzig sein.
Wegen der Nähe zum T(h)onberg und aus Sicherheitsgründen (Feuergefahr, vorherrschender Westwind) siedelten sich ab dem 15. Jahrhundert die meisten Töpfer außerhalb der Stadtmauern im Bereich Grimmaischer Steinweg und Peterssteinweg an. Aber auch, wohl wegen seines Wasserreichtums und der Nähe zur Alten Burg, im Gebiet Naundörfchen und Ranstädter Steinweg. Hier wohnten und arbeiteten fast ausschließlich Handwerker – heute würde man das wohl Synergieeffekt nennen. Man war flexibel – die Werkstätten bestanden nur aus der eigentlichen Werkbank. Der Ton kam vom Berg und gebrannt wurde in Gemeinschaftsöfen – ähnlich wie die private Stollenbäckerei. Leider ist kein einziger dieser Öfen überliefert oder sind Teile davon gefunden worden.
Aber Früchte der Arbeit sind zahlreich dokumentiert: So wurde im Naundörfchen eine seltene kugelige Kanne mit drei Knäufchen am Boden gefunden (heute im Bestand des Stadtgeschichtlichen Museums). Auf dem Gelände einer ehemaligen Töpferei am Ranstädter Seitenweg fanden sich Ofenkacheln für den gotischen Vorgängerbau des Alten Rathauses.
Mit der Industrialisierung verschwand das Töpferhandwerk nach und nach. Zählte man 1895 noch 3 Töpfer im Viertel, war es 1943 nur noch einer. Seit letztem Jahr jedoch gibt es im Naundörfchen 2 die Keramik-Malwerkstatt Lieblingswerk, wo dort hergestellte Rohlinge bemalt und glasiert werden können.