Von Thomas Schinköth
Die ersten 22 Jahre ihres Lebens verbrachten Sina Goldfein (später Berlinski) und Herman Berlinski in Leipzig. Sie besuchten die „Ephraim-Carlebach-Schule“, nahmen rege Anteil am reichen Kulturleben der Stadt und studierten Musik am Landeskonservatorium, der heutigen Hochschule für Musik und Theater. Die Hoffnung, in Leipzig einen gemeinsamen Lebensort und eine berufliche Perspektive zu finden, sollte sich jedoch nicht erfüllen. Nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten blieb ihnen nur das Exil: Er flüchtete, da die Gestapo nach ihm suchte, nach Polen. Sie blieb zunächst in Leipzig. Über Briefe blieben sie vorerst verbunden.
1934 entschieden sich beide, über Danzig nach Paris zu fliehen. Als die Nazis in Frankreich einmarschierten, war ihre Existenz erneut gefährdet und sie suchten nach einem Land, das sie aufnahm. Über Spanien gelang es ihnen, in die USA zu übersiedeln. Dort mussten sie sich ihr Leben wieder ganz neu aufbauen und fuhren als Klavierlehrer über Land. Herman Berlinski begann sein kompositorisches Schaffen „nachzuholen“, hatte er doch die meisten frühen Werke zurücklassen müssen. Schließlich fand er Anstellung an einer Synagoge in New York und nahm noch ein Musikwissenschaftsstudium auf. Er wurde ein geschätzter Komponist und Organist, der in seinen Kompositionen immer wieder Fragen der Menschlichkeit ansprach, verbunden mit den eigenen Erfahrungen. Sie fand Erfüllung als Gesangspädagogin. 1981 besuchten sie zum ersten Mal wieder Leipzig.
Bild: Das Grab der Mutter von Herman, Dora Berlinski, auf dem Alten jüdischen Friedhof Leipzig; Foto: Maria und Werner Schneider