Von Heinz Bönig
Wenige Tage vor ihrem 150. Geburtstag erinnern wir an eine Dichterin, die in Elberfeld geboren ist, 1894 den Arzt Berthold Lasker heiratet, nach Berlin zieht, Zeichen- und Malunterricht nimmt, erste Gedichte schreibt und im Zentrum des künstlerischen Aufbruchs steht. Ihr Gedicht Weltflucht aus dem Jahr 1902 beginnt sie:
Ich will in das Grenzenlose
Zu mir zurück,
Schon blüht
die Herbstzeitlose
Meiner Seele,
Vielleicht – ist’s schon zu spät zurück!
Was zuerst unverständlich klingt, hat mit dem Erahnen beginnender Kunstneuanfänge zu tun. Sie lernt u. a. Peter Hille, Herwarth Walden (Georg Levin), Erich Mühsam, Martin Buber, Oskar Kokoschka, Max Brod, Karl Kraus, Gottfried Benn, Franz Marc, Georg Trakl, Franz Werfel kennen; ist mit vielen befreundet, verehrt und liebt einige; mit Herwarth Walden ist sie nach ihrer Scheidung 1903 einige Jahre verheiratet. Im April 1933 muss sie als 64-Jährige in die Schweiz nach Zürich emigrieren, erhält nur befristete Aufenthaltsgenehmigungen. 1938 wird ihr die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen; von ihrer dritten Palästinareise kann sie 1939 nicht mehr in die Schweiz zurückkehren. Sie lebt in Jerusalem, wo sie am 22. Januar 1945 stirbt.
Ihr Werk ist stark autobiografisch geprägt, vereinigt phantastische und religiöse Elemente mit ausgeprägter Naturliebe. Ihre Gedichtsammlungen Styx, Hebräische Balladen und Mein blaues Klavier werden beispielhaft vorgestellt. Aber auch aus ihren Prosatexten Gesichte, ihren Essays und aus dem Roman Mein Herz sowie aus ihren zahlreichen Briefen werden wir lesen.