Von Dagmar Geithner
„Wahrscheinlich gehöre ich zu den ältesten Bewohnern des Waldstraßenviertels“, meinte Dorothea Weinert bei unserem Besuch in Vorbereitung ihrer bevorstehenden Ausstellung in den Räumen des Bürgervereins. Die zierliche 83jährige Künstlerin empfing uns in ihrem lichtdurchfluteten Eckwohnzimmer in der Tschaikowskistraße, wo sie seit 1971 zu Hause ist. Als Kind in einer Umsiedlerfamilie in Jena aufgewachsen, entdeckte sie schon sehr frühzeitig ihre Liebe zum Theater und bald reifte in ihr der Wunsch, später einmal am Theater arbeiten zu dürfen und dort ihr zeichnerisches Talent einzubringen.
Der offizielle, wenn auch langwierigste Weg dorthin zu kommen, ist ein fünfjähriges Studium an einer Kunsthochschule, Abt. Bühne/Ausstattung, das mit einem Diplom abschließt. Damals, zu DDR-Zeiten, wurden nur jeweils zwei Bewerber für dieses Fach immatrikuliert. Nach erster Ablehnung gelang es Dorothea Weinert schließlich auf Umwegen den Zugang in die Hochschule für bildende Kunst Berlin-Weissensee zu ertrotzen, nachdem sie vorher zunächst eine Ausbildung zur Apothekenhelferin absolviert hatte.
Nach fünf Jahren schloss sie das Studium erfolgreich mit einem sehr guten Diplom-Zeugnis als Kostümbildnerin ab. Das erste Engagement im Drei-Sparten-Theater Frankfurt/Oder (Kleist-Theater) war für sie sehr ernüchternd. „Dort war die Welt zu Ende, die von NVA-Soldaten bewachte Brücke führte ins Nirgendwo“ – so sieht sie rückblickend diese Zeit als Berufsanfängerin. Und auf das Tempo in dieser Arbeitsmühle der Theaterpraxis waren die Hochschulabsolventen in der Regel auch nicht vorbereitet. Nach einem zweijährigen Engagement an den Staatstheatern Dresden folgte schließlich der Ruf an die Städtischen Theater Leipzig, wo sich die Erfolge der Kostümbildnerin Weinert inzwischen herumgesprochen hatten.
Sie folgte 1971 diesem Ruf und blieb auch über die Wende hinaus bis 1992 für die Leipziger Theater tätig, die damals alle zusammen – quasi in einem Theaterkombinat – unter einer Generalintendanz organisiert waren. Daher war sie kostümbildnerisch sowohl für die Oper, die Musikalische Komödie, das Schauspielhaus als auch das Theater der jungen Welt tätig. Die Vielfalt der Stücke, für die sie die Kostüme entwarf, spiegelt sich wunderbar in ihren Figurinen wieder.
Wir sind sehr froh, dass wir Frau Weinert gewinnen konnten, eine Auswahl ihrer Arbeiten in den Räumen des Bürgervereins auszustellen und laden Sie herzlich zur Vernissage ein.