Leibnizstraße 24 Israel Friedmann

Israel Friedmann

Foto: Archiv Mittelmann

Israel Friedmann

Israel Friedmann aus dem Hause Rushyn wurde 1878 in Sadagora geboren. Auf Einladung von Anhängern seiner Familie kam er 1920 nach Leipzig. Die etwa 30 bis 40 Familien richteten ihm in der Leibnizstraße 24 einen repräsentativen Hof ein mit einer eigenen Betstube für sich neben der der Gemeinde. Die Zaddikim des Hauses Ruschyn pflegten in einem eigenen Raum von der Gemeinde getrennt zu beten.

Der Chassidismus entstand nach Chmielnitzky-Pogromen von 1648 in Osteuropa. Diese Frömmigkeitsbewegung sucht spirituelles Erleben im Alltag neben Tora-Gelehrsamkeit. Gesang und Tanz haben eine zentrale Bedeutung. Die Gebete werden mit dem ganzen Körper vollzogen. Chassidim sind Anhänger eines Rebben oder Zaddik, dessen Nähe und Rat sie suchen und dem sie eine fürstliche Hofhaltung ermöglichen. Ihm trauen sie Wunder zu.

Der Urgroßvater des Leipziger Rebben hieß ebenfalls Israel Friedmann (1797-1850) und hatte seinen Hof zunächst in Rushyn. Nach Haft und Verfolgung durch die russischen Behörden verlegte er 1842 seinen Hof nach Sadagora, nahe Czernowitz, unter österreichischer Herrschaft. Seine Söhne begründeten chassidische Höfe in Boyan, Chortkov, Husyatin und Bohush. Sein ältester Sohn Schalom Josef Friedman (1812–1851) starb bei einem Aufenthalt in Leipzig und wurde auf dem jüdischen Friedhof im Johannistal bestattet. Um sein Grab war ein Ohel, ein steinernes Zelt gebaut, das seine Bedeutung als chassidischer Rebbe betonte, und zum Beten, Meditieren und Anzünden von Kerzen zu Ehren des Verstorbenen einlud. 1938 wurden seine Gebeine mit denen anderer auf den Neuen Israelitischen Friedhof überführt. Ein neuer Grabstein für ihn wurde erst 1993 gesetzt mit zwei Kästchen rechts und links vom Grabstein, in die Zettel mit Gebetsanliegen gesteckt werden können. Diese Gewohnheit gehört zur chassidischen Frömmigkeit. (Vgl. hierzu Katrin Löfflers „Leipzigs alter jüdischer Friedhof im Johannistal“, Lehmstedt Verlag 2022, S. 94-97,118-119, 122)

Ein anderer Sohn des älteren Israel Friedmann und Bruder von Schalom Josef Friedmann, Abraham Jakob Friedman (1820–1883) residierte nach ihm in Sadagora. Dessen Sohn Isaak Friedmann (1850–1917) gründete seinen Hof in Boyan, floh aber während des ersten Weltkrieges nach Wien, wo er 1917 starb. Der Sohn dieses einstigen Boyaner Rebben, der jüngere Israel Friedmann ging 1920 nach Leipzig.

Die nazistischen Repressalien nahmen den Leipziger Chassidim zunächst ihre finanzielle Grundlage. Sie konnten das Haus Leibnizstraße 24 nicht mehr unterhalten. Es war mit Hypotheken überschuldet und wurde 1935 zwangsversteigert und die Betstube geschlossen. Israel Friedmann musste umziehen, war danach in der Frankfurter Str. 18 noch gemeldet. Der Rabbiner besaß die türkische Staatsangehörigkeit und konnte mit seiner Familie 1938 nach Palästina auswandern. Er starb 1951 in Tel Aviv.

Simson Jakob Kreutner, der von 1917 bis 1933 in der Färberstraße 16 wohnte, beschrieb den chassidischen Hof in der Leibnizstraße 24 anschaulich im Kapitel „Der Rebbe“ in seinem 1980/81 in Jerusalem verfassten Erinnerungsbuch „Mein Leipzig. Gedenken an die Juden meiner Stadt“.

Israel Friedmann

Israel Friedmann of the Rushyn court was born in Sadagora in 1878. Invited by followers of his family, he arrived in Leipzig in 1920. The approximately 30 to 40 families set up a representative courtyard for him at Leibnizstraße 24 including a separate prayer room for themselves next to that of the congregation. The tzaddikim of the court of Ruschyn used to pray in a separate room from the congregation.

Hasidism emerged after the Khmielnitsky pogroms of 1648 in Eastern Europe. This devotional movement seeks spiritual experience in everyday life alongside Torah scholarship. Song and dance are of central importance. Prayers are performed using the entire body. Hasidim are followers of a Rebbe or tzaddik, whose proximity and advice they seek and whom they offer a princely court. They trust him to perform miracles.

The great-grandfather of the Leipzig Rebbe was also called Israel Friedmann (1797-1850) and initially had his court in Rushyn. After imprisonment and persecution by the Russian authorities, he moved his farm to Sadagora, near Czernowitz, which was under Austrian rule in 1842. His sons established Hasidic farms in Boyan, Chortkov, Husyatin and Bohush. His eldest son Shalom Josef Friedman (1812-1851) died during a stay in Leipzig and was buried in the Jewish cemetery in Johannistal. An ohel, a stone tent, was built around his grave, emphasising his importance as a Hasidic Rebbe, and inviting people to pray, meditate and light candles in honour of the deceased. In 1938, his bones alongside those of others were transferred to the New Israelite Cemetery. It was not until 1993, that a new gravestone was erected with two boxes to the right and left of the gravestone into which slips of paper with prayer requests can be placed. This custom is part of Hasidic piety. (Cf. Katrin Löffler’s „Leipzig’s Old Jewish Cemetery in Johannistal“, Lehmstedt Verlag 2022, pp. 94-97,118-119, 122).

Another son of the elder Israel Friedmann and brother of Shalom Josef Friedmann, Abraham Jakob Friedman (1820-1883) resided in Sadagora after him. The latter’s son Isaak Friedmann (1850-1917) established his farm in Boyan but fled to Vienna during the First World War, where he died in 1917. The son of this former Boyan Rebbe, the younger Israel Friedmann went to Leipzig in 1920.

The Nazi reprisals initially deprived the Leipzig Hasidim of their financial basis. They could no longer maintain the house at Leibnizstraße 24. It was overindebted with mortgages and was foreclosed in 1935. The prayer room was closed. Israel Friedmann had to move but was still registered at Frankfurter Str. 18. The rabbi withTurkish citizenship was able to emigrate to Palestine with his family in 1938. He died in Tel Aviv in 1951.

Simson Jakob Kreutner, who lived at Färberstraße 16 from 1917 to 1933, vividly described the Hasidic courtyard at Leibnizstraße 24 in the chapter „The Rebbe“ in his 1980/81 book of memories written in Jerusalem, „Mein Leipzig. Commemorating the Jews of my City“.

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