Fregestraße 21 Rolf Kralowitz

Rolf Kralowitz, Foto: Silvia Hauptmann

Rolf Kralowitz, Foto: Silvia Hauptmann

Rolf Kralowitz

Martin-Rolf Kralovitz, am 15. Juni 1925 in Böhlitz-Ehrenberg (Leipzig) geboren, war der Sohn des ungarischen Kaufmanns Max Kralovitz und hatte daher zunächst die ungarische Staatsangehörigkeit. Die Familie von Kralovitz zog Ende der 1920er Jahre ins Leipziger Waldstraßenviertel, in die Fregestraße 22, wo er seine Kindheit und Jugendzeit verbrachte. Zur Zeit des Nationalsozialismus musste Kralovitz aufgrund seiner jüdischen Abstammung 1935 an die von Ephraim Carlebach geleitete Höhere Israelitische Schule wechseln. Sein Vater kehrte 1935 nach Ungarn zurück und baute dort eine neue Existenz auf, konnte aber seine Familie nicht nachholen. Kralovitz wurde 1939 als Totengräber zur Zwangsarbeit auf dem Städtischen Friedhof in Leipzig verpflichtet. Die Familie musste in das Judenhaus Nordstraße 11 in Leipzig ziehen. Am 11. Oktober 1943 wurden Kralovitz, seine Mutter und dessen Schwester Annemarie durch Angehörige der Gestapo verhaftet. Danach wurde Kralovitz mit der Häftlingsnummer 10.090 in das KZ Buchenwald eingewiesen, wo er der Baracke 22 zugeteilt wurde. Kralovitz wurde zur Zwangsarbeit im Gustloff-Werk II eingeteilt, wo er bei der Rüstungsproduktion eingesetzt war. Zeitweise war er als Häftlingsfriseur tätig. Nach der Befreiung des KZ Buchenwald kehrte Kralovitz als einziger Überlebender seiner Familie im Mai 1945 nach Leipzig heim. Auch seine Tante, die Pädagogin Hedwig Burgheim, wurde Opfer des Holocaust.

Nach Kriegsende
In Leipzig konnte Kralovitz schließlich als Schauspieler eine Beschäftigung finden und trat im Palast-Theater (Leipziger Zoo) sowie im Casino Belge auf. Kralovitz verlor aufgrund seiner Weigerung in die SED einzutreten seine Anerkennung als „Opfer des Faschismus erster Klasse“. Im Herbst 1946 zog Kralovitz nach München, wo er ein Engagement beim Kabarett Simpl erhielt und erste Rollen als Darsteller beim Film übernahm. Kralovitz wanderte 1949 zu einer Tante in die USA aus. In New York lernte er die Exiljüdin Brigitte Meckauer, Tochter des Schriftstellers Walter Meckauer und dessen Frau Lotte, kennen und heiratete sie. Nachdem ihn seine Frau 1953 auf einer Lesereise in die Bundesrepublik Deutschland begleitet hatte, zog das Paar nach München und später nach Köln. In Deutschland setzte Kralovitz seine Schauspielkarriere in Film und Fernsehen fort. Ab 1960 war er TV-Produktionsleiter beim WDR, wurde jedoch infolge einer Erblindung 1975 frühpensioniert. Seitdem verfasste er Bücher und Dokumentationen zur Aufarbeitung der NS-Zeit und sprach in Schulklassen über die Judenverfolgung in Leipzig auf. In seiner Arbeit wurde er durch seine Frau unterstützt. Insbesondere wurde Kralovitz durch seine Publikation „ZehnNullNeunzig in Buchenwald – Ein jüdischer Häftling erzählt“ bekannt. Seiner ermordeten Familie widmete Kralovitz einen Gedenkstein auf dem Alten Israelitischen Friedhof in Leipzig.

Nach Gründung der Ephraim-Carlebach-Stiftung 1992 war er dort zunächst Vize- und schließlich Präsident dieser Institution; 2010 wurde er zum Ehrenpräsidenten der Ephraim-Carlebach-Stiftung ernannt. Nach Kralovitz wurde die Spezialbibliothek der Stiftung zur Leipziger und Jüdischen Geschichte in Rolf-Kralovitz-Bibliothek benannt. 1997 wurde Kralovitz von Michael Kühntopf für die Shoah Foundation interviewt; das Interview wurde gefilmt und gehört zum weltweit verfügbaren Archivbestand des Visual History Archive.

Kralovitz starb am 21. Juni 2015, wenige Tage nach seinem 90. Geburtstag. Er wurde im Familiengrab seiner ein Jahr vorher verstorbenen Frau Brigitte auf dem Münchner Nordfriedhof beigesetzt.

Darsteller in Filmen (unter den Künstlernamen Rolf Carlo):

  • 1949: Der Ruf
  • 1955: Verrat an Deutschland (Der Fall Dr. Sorge)
  • 1955: Ludwig II. – Glanz und Ende eines Königs
  • 1955: Ich weiß, wofür ich lebe
  • 1955: Frauen um Richard Wagner
  • 1955: Hanussen
  • 1956: Weil du arm bist, mußt du früher sterben
  • 1956: Douglas Fairbanks, Jr., Presents (Fernsehserie, 1 Folge)
  • 1956: Ein Mann muß nicht immer schön sein
  • 1956: Zwei Bayern in St. Pauli
  • 1957: Wege zum Ruhm (Paths of Glory)
  • 1957: Der Arzt von Stalingrad
  • 1958: …und nichts als die Wahrheit
  • 1959: Menschen im Netz
  • 1959: Arzt ohne Gewissen

Schriften (Auswahl)
Als Herausgeber

  • mit Heike Kirchhof und Brigitte Kralowitz: Jüdisches Leben in Leipzig : gestern – heute – morgen ; ein Literatur- und Bestandsverzeichnis der Rolf-Kralovitz-Bibliothek der Ephraim-Carlebach-Stiftung Leipzig, Passage-Verlag, Leipzig 2006
  • mit Brigitte Kralovitz: Die Hedwig-Burgheim-Gedenktafel in der Aliceschule Giessen, Walter-Meckauer-Kreis, Köln 1997

Als Autor

  • ZehnNullNeunzig in Buchenwald: ein jüdischer Häftling erzählt, Walter-Meckauer-Kreis, Köln 1996 (mehrere Ausgaben und Übersetzungen)
  • NachLese: Rolf Kralovitz beantwortet Fragen zu „ZehnNullNeunzig“, Walter-Meckauer-Kreis, Köln 1997
  • Der gelbe Stern in Leipzig, Walter-Meckauer-Kreis, Köln 1992
  • mit Brigitte Kralovitz: Ich darf gar nicht an eine Trennung denken: Die Geschichte einer Austreibung, Walter-Meckauer-Kreis, Köln 1987
  • Das Hedwig-Burgheim-Haus in Darmstadt: Dokumentation einer Namensgebung, Walter-Meckauer-Kreis, Köln 1986
  • Da war nachher nichts mehr da: Ein Dokumentarbericht, Brühlscher Verlag, Giessen 1983

Ehrungen

  • Träger der Ehrenmedaille der Stadt Leipzig 2005 (gemeinsam mit seiner Frau Brigitte)
  • Bundesverdienstkreuz am Bande (23. Mai 1987) (gemeinsam mit seiner Frau Brigitte)

Quelle: Wikipedia – https://de.wikipedia.org/wiki/Rolf_Kralovitz

Rolf Kralowitz

Martin-Rolf Kralovitz, born on 15 June 1925 in Böhlitz-Ehrenberg (Leipzig), was the son of the Hungarian merchant Max Kralovitz and therefore initially had Hungarian citizenship. Kralovitz’s family moved to Leipzig’s Waldstraßenviertel, to Fregestraße 22, at the end of the 1920s, where he spent his childhood and youth. At the time of National Socialism, Kralovitz had to transfer to the Higher Israelite School run by Ephraim Carlebach in 1935 because of his Jewish ancestry. His father returned to Hungary in 1935 and built up a new existence there, but was unable to bring his family to live with him. Kralovitz was obliged to do forced labour at the municipal cemetery in Leipzig as a gravedigger in 1939. The family had to move into the Jewish house at Nordstraße 11 in Leipzig. On 11 October 1943, Kralovitz, his mother and his sister Annemarie were arrested by members of the Gestapo. Kralovitz was then assigned prisoner number 10,090 and sent to Buchenwald concentration camp, where he was assigned to barrack 22. Kralovitz was assigned to forced labour at the Gustloff-Werk II, where he was used in armament production. At times he worked as a prisoner hairdresser. After the liberation of Buchenwald concentration camp, Kralovitz returned home to Leipzig in May 1945 as the sole survivor of his family. His aunt, the educator Hedwig Burgheim, was also a victim of the Holocaust.

After the end of the war
Kralovitz was finally able to find employment as an actor in Leipzig and performed at the Palast-Theater (Leipzig Zoo) and the Casino Belge. Kralovitz lost his recognition as a „first-class victim of fascism“ due to his refusal to join the SED. In the autumn of 1946 Kralovitz moved to Munich, where he got an engagement at the cabaret Simpl and took on his first roles as an actor in film. Kralovitz emigrated to the USA in 1949 to live with an aunt. In New York he met and married the Jewish exile Brigitte Meckauer, daughter of the writer Walter Meckauer and his wife Lotte. After his wife accompanied him on a reading tour to the Federal Republic of Germany in 1953, the couple moved to Munich and later to Cologne. In Germany, Kralovitz continued his acting career in film and television.From 1960, he was a TV production manager at WDR, but took early retirement in 1975 as a result of blindness. Since then, he has written books and documentaries on coming to terms with the Nazi era and has spoken in school classes about the persecution of Jews in Leipzig. He was supported in his work by his wife. In particular, Kralovitz became known for his publication „ZehnNullNeunzig in Buchenwald – Ein jüdischer Häftling erzählt“. Kralovitz dedicated a memorial stone to his murdered family at the Old Jewish Cemetery in Leipzig.

After the Ephraim Carlebach Foundation was founded in 1992, he was first vice-president and finally president of this institution; in 2010 he was appointed honorary president of the Ephraim Carlebach Foundation. The Foundation’s special library on Leipzig and Jewish history was named the Rolf Kralovitz Library after Kralovitz. In 1997, Kralovitz was interviewed by Michael Kühntopf for the Shoah Foundation; the interview was filmed and is part of the Visual History Archive’s worldwide archive holdings.

Kralovitz died on 21 June 2015, a few days after his 90th birthday. He was buried in the family grave of his wife Brigitte, who had died a year earlier, at the Munich North Cemetery.

Actor in films (under the stage names Rolf Carlo):

  • 1949: Der Ruf
  • 1955: Verrat an Deutschland (Der Fall Dr. Sorge)
  • 1955: Ludwig II. – Glanz und Ende eines Königs
  • 1955: Ich weiß, wofür ich lebe
  • 1955: Frauen um Richard Wagner
  • 1955: Hanussen
  • 1956: Weil du arm bist, mußt du früher sterben
  • 1956: Douglas Fairbanks, Jr., Presents (Fernsehserie, 1 Folge)
  • 1956: Ein Mann muß nicht immer schön sein
  • 1956: Zwei Bayern in St. Pauli
  • 1957: Wege zum Ruhm (Paths of Glory)
  • 1957: Der Arzt von Stalingrad
  • 1958: …und nichts als die Wahrheit
  • 1959: Menschen im Netz
  • 1959: Arzt ohne Gewissen

Writings (selection)
As editor

  • mit Heike Kirchhof und Brigitte Kralowitz: Jüdisches Leben in Leipzig : gestern – heute – morgen ; ein Literatur- und Bestandsverzeichnis der Rolf-Kralovitz-Bibliothek der Ephraim-Carlebach-Stiftung Leipzig, Passage-Verlag, Leipzig 2006
  • mit Brigitte Kralovitz: Die Hedwig-Burgheim-Gedenktafel in der Aliceschule Giessen, Walter-Meckauer-Kreis, Köln 1997

As author

  • ZehnNullNeunzig in Buchenwald: ein jüdischer Häftling erzählt, Walter-Meckauer-Kreis, Köln 1996 (mehrere Ausgaben und Übersetzungen)
  • NachLese: Rolf Kralovitz beantwortet Fragen zu „ZehnNullNeunzig“, Walter-Meckauer-Kreis, Köln 1997
  • Der gelbe Stern in Leipzig, Walter-Meckauer-Kreis, Köln 1992
  • mit Brigitte Kralovitz: Ich darf gar nicht an eine Trennung denken: Die Geschichte einer Austreibung, Walter-Meckauer-Kreis, Köln 1987
  • Das Hedwig-Burgheim-Haus in Darmstadt: Dokumentation einer Namensgebung, Walter-Meckauer-Kreis, Köln 1986
  • Da war nachher nichts mehr da: Ein Dokumentarbericht, Brühlscher Verlag, Giessen 1983

Honours

  • Holder of the Medal of Honour of the City of Leipzig 2005 (together with his wife Brigitte)
  • Federal Cross of Merit on ribbon (23 May 1987) (together with his wife Brigitte)

Source: Wikipedia – https://de.wikipedia.org/wiki/Rolf_Kralovitz

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