Die Küchen im Ariowitsch-Haus

Von Beate Schuhr

Liebe Nachbarn,
die heutige Folge handelt vom Kochen im Einklang mit den jüdischen Speisevorschriften, von Hilfestellung in Zweifelsfällen und es gibt wie immer ein Rezept zum Ausprobieren. Wir besuchen Boris, seit über zehn Jahren Koch im Ariowitsch-Haus und für die israelitische Gemeinde Leipzigs.

Die Küchen im Ariowitsch-Haus: Boris kocht koscher und koscher-Style
Im Ariowitsch-Haus gibt es zwei Küchen: Eine koschere Fleisch-Küche und eine Küche für Mahlzeiten, die Boris als „koscher-Style“ bezeichnet – Gerichte zubereitet nach Art der koscheren Küche. Boris kocht koscher für die jüdischen Gemeindemitglieder und „koscher-Style“ bei Veranstaltungen und Seminaren im Ariowitsch-Haus.

Koschere Gummibärchen; Foto: Beate Schuhr

Koschere Gummibärchen; Foto: Beate Schuhr

Wir wenden uns heute der koscheren Küche zu. Neben Festen und Feiertagen bestimmt die Kaschrut die jüdische Küche. Das hebräische Wort Kaschrut bedeutet „rituelle Eignung“ und bezeichnet die jüdischen Speisegesetze.
Es sind viele Details zu beachten, um koschere Speisen und Getränke zuzubereiten. Wir halten hier nur einige Punkte fest, die Boris im Gespräch erläutert hat: Milch- und Fleischprodukte werden streng getrennt. Einige Fleischsorten (z.B. Schweinefleisch) dürfen nicht verwendet werden und die Tiere müssen den jüdischen Vorschriften entsprechend geschlachtet werden. Da der Verzehr von Blut verboten ist, darf sich in Eiern kein Blutrest befinden.

Was bedeutet das im Alltag? Ist der Einkauf kompliziert? „Nein“, antwortet Boris, “in Leipzig gibt es ein Geschäft für koschere Produkte und einige Lebensmittel werden von den Herstellern in einer koscheren Variante angeboten. Brot wird in vielen Haushalten selbst gebacken und anstelle von Milch werden häufig Sojaprodukte verwendet.“ Und wenn etwas unklar ist? „Ganz einfach“, sagt Boris, „dann muss man den Rabbi fragen.“
Also rufe ich bei Rabbi Balla an. „Herr Balla, erhalten Sie häufig Fragen zu Lebensmitteln und zur Zubereitung von Speisen und Getränken?“ „Ja, in Relation zur Gemeindegröße gibt es viele Fragen zur Koscher-Sensitivität von Lebensmitteln. Oft führt das zu intensiven Recherchen nach Herkunft und Herstellung einzelner Inhalts- und Zusatzstoffe.“

Zurück zu Boris in die Küche. Im Dezember wird Chanukka, das Lichterfest, gefeiert. Das Anzünden der Lichter auf dem achtarmigen Leuchter, der Chanukkia, erinnert an die Wunder, die sich zur Zeit der Wiedereinweihung des Tempels ereigneten. Eine Geschichte handelt davon, dass der Vorrat an geweihtem Öl, das nur für einen Tag ausreichen sollte, acht Tage brannte.
Auch beim Essen ist Öl das Hauptthema von Chanukka. Traditionelle Gerichte sind Krapfen und Latkes. Hier lesen Sie Boris‘ Rezept für Latkes. Vielleicht kommt Ihnen Einiges bekannt vor: Ein Kilo mehlig kochende Kartoffeln, eine große Zwiebel und drei Karotten auf der groben Seite der Gemüsereibe reiben, eine Handvoll Pilze blättrig schneiden. Die Kartoffel-Gemüse-Masse mit einem Geschirrtuch sehr fest auspressen, in eine Schüssel geben und mit den Pilzen mischen. Zwei Eier, etwa 40 Gramm Mehl, Salz und Pfeffer dazugeben und gründlich vermengen. In einer Pfanne Pflanzenöl erhitzen. Kartoffelmasse portionsweise in die Pfanne geben und von beiden Seiten goldbraun braten. Latkes aus der Pfanne heben, auf Küchenpapier abtropfen lassen und im Backofen bei 150 Grad warm halten oder sofort verspeisen. Sicher haben Sie die Ähnlichkeit mit Kartoffelpuffern erkannt. Halten Sie also im Dezember Ausschau nach den Chanukkia-Leuchtern in den Fenstern des Ariowitsch-Hauses und schnuppern Sie, ob vielleicht ein vertrauter Duft über die Straße weht.

Das, liebe Nachbarn, war die vierte Folge von „Kochen ohne Grenzen“. Interessantes und Wissenswertes nicht nur zur koscheren Küche finden Sie unter www.ariowitschhaus.de und auf der Seite der israelitischen Religionsgemeinde Leipzig.

Ergänzend zum Text in der Print-Ausgabe der Waldstrassenviertel-Nachrichten finden Sie hier zu jeder Folge das Kurz-Interview ‚In der Küche‘.  Willkommen in den Küchen Ihrer Nachbarn!

In der Küche: Boris

Seit wann kochen Sie? Seit 1976

Wie haben Sie gelernt, zu kochen? An der Hochschule in der Ukraine. Übersetzt heißt der Studiengang „Technologie der Speisenzubereitung“.

Für wen kochen Sie am liebsten? Für alle

Kochen Sie nach Rezept? Ich improvisiere

Gibt es spezielle Anlässe und dazu spezielle Gerichte? Ich koche für die Gemeinde und dann immer koscher nach strengen Regeln.

Tragen Sie beim Kochen eine Schürze? Ja

Worauf können Sie beim Kochen nicht verzichten? Dass die Menschen nach dem Essen zufrieden sind.

Gibt es ein Gericht, das immer gelingt? Kürbissuppe

Und was gibt ‘s sonst noch? Ich koche für mein Leben gern. Kochen macht mir Spaß!

Titelfoto: Archiv Zolt Balla

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