Badische Küche: Schäufele auf südbadische Art und Kartoffelsalat

Von Beate Schuhr

Liebe Nachbarn,
heute begeben wir uns auf eine weite Reise: von Leipzig über Freiburg im Breisgau nach Leipzig. Lesen Sie eine sehr persönliche Geschichte, die von der Leidenschaft für Rockmusik und der Sehnsucht nach Freiheit handelt – und uns mit der badischen Küche vertraut macht.

Badische Küche: Schäufele auf südbadische Art und Kartoffelsalat
Mein heutiger Gesprächspartner ist Wolfgang, Jahrgang 1950, in Leipzig aufgewachsen, erfolgreicher Unternehmer und verheiratet mit Karin aus Müllheim im Markgräflerland. Beide leben seit einigen Jahren im Waldstrassenviertel.
Von Karin werden wir ein traditionelles Winterrezept aus dem Badischen kennenlernen. Doch zunächst ist es die Geschichte von Wolfgang, die hier erzählt werden soll.

Prag 1973: Wolfgang im U Fleků

Prag 1973: Wolfgang im U Fleků

Bis 1969 ist Wolfgang Gymnasiast am Leipziger Richard-Wagner-Gymnasium. „Meine Freunde und ich, wir waren echte Musikfans. Bands wie die Stones oder Led Zeppelin begeisterten uns.“ Und es gibt Gruppen wie Renft, die wegen ihrer systemkritischen Texte mehrfach verboten werden. „Die zunehmenden Bevormundungen empfanden wir als Angriff auf unsere persönliche Freiheit.“ Als Wehrpflichtiger wird Wolfgang zu den Grenztruppen der NVA eingezogen. Nach der Zeit in der Armee studiert er in Leipzig Wirtschaftsrecht. Seine Haltung gegenüber dem System der DDR wird zunehmend kritischer. Als die Freiräume weiter eingeengt werden und Wolfgang die Exmatrikulation angedroht wird, ist klar: „Ich hab‘ hier keine Chance. Ich gehe in den Westen.“ Der Versuch schlägt fehl, es folgen Jahre im Gefängnis. Dann der Freikauf durch die Bundesrepublik Deutschland. Von Chemnitz geht es mit dem Bus über den Grenzübergang Wartha/Herleshausen in das Aufnahmelager in Gießen. Meinungsfreiheit, Reisefreiheit, unternehmerische Freiheit. Wolfgang zieht nach Freiburg im Breisgau in eine WG, studiert Jura, kauft die Platten seiner Lieblingsbands und genießt die unbegrenzten Reisemöglichkeiten. Er engagiert sich bei Amnesty International und beim BUND. Nach der Zeit an der Uni gründet Wolfgang ein erfolgreiches Beratungsunternehmen mit Niederlassungen in Zürich und Wien. Und dann lernt Wolfgang Karin kennen, eine echte Badenerin und leidenschaftliche Köchin.

Für uns hat Karin das Rezept für Schäufele und Kartoffelsalat ausgewählt: Das Schäufele ist die gepökelte und geräucherte Schweineschulter.
Für vier Personen drei Pfund Schäufele mit Knochen bei einer guten Metzgerei bestellen. Das Schäufele kurz abwaschen. Je einen Liter trockenen Weißwein und Wasser mit einer halbierten Zwiebel und einer halbierten Knoblauchzehe, einem Lorbeerblatt, Pfefferkörnern und etwas Salz aufkochen. Das Fleisch hineinlegen, einmal aufkochen und ungefähr zwei Stunden zugedeckt ziehen lassen. Nicht kochen, das Fleisch wird sonst trocken und zäh. Den Knochen auslösen und das Fleisch in Scheiben schneiden. Den Sud mit Salz und Pfeffer abschmecken und für den Kartoffelsalat weiterverwenden. Dafür ein Kilo festkochende Kartoffeln mit Schale in Salzwasser etwa 20 Minuten kochen. Noch heiß pellen und in Scheiben schneiden. Schalotten und Knoblauch abziehen und fein würfeln, zu den Kartoffeln geben, dazu Salz, Pfeffer und Speisewürze. Etwa 125 ml heiße Schäufele-Brühe und drei Esslöffel Weißweinessig über die warmen Kartoffeln geben und mischen. Den Salat eine Stunde durchziehen lassen, nochmals abschmecken und sechs Esslöffel Öl und etwas Senf unterheben. Fertig.

Auch unser Gespräch nähert sich dem Ende. Noch eine wichtige Frage: „Seit 2017 leben Sie und Ihre Frau hier im Waldstraßenviertel. Warum sind Sie nach Leipzig zurückgekehrt?“ „Ich bin aus politischen Gründen gegangen. Die Kontakte zu meinen alten Freunden in Leipzig und meiner Familie habe ich nie aufgegeben. Für mich ist Leipzig immer meine Heimat geblieben.“

Ergänzend zum Text in der Print-Ausgabe der Waldstrassenviertel-Nachrichten finden Sie hier zu jeder Folge das Kurz-Interview ‚In der Küche‘.  Willkommen in den Küchen Ihrer Nachbarn!

In der Küche: Karin

Seit wann kochen Sie?  Seit ich 16 bin.

Wie haben Sie gelernt, zu kochen? Zuhause von der Mutter.

Für wen kochen Sie am liebsten? Für Freunde und Familie.

Kochen Sie nach Rezept?  Nein, ich wandle immer ab.

Gibt es spezielle Anlässe und dazu spezielle Gerichte? Nein, ich koche nach Laune, Jahreszeiten und Angeboten.

Tragen Sie beim Kochen eine Schürze?  Nein, nur Handschuhe!

Worauf können Sie beim Kochen nicht verzichten?  Auf Salz und gute Brühen (selbst zubereitet).

Gibt es ein Gericht, das immer gelingt?  Es gelingt alles !!!!

 

Titelfoto: Andreas Reichelt

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